Im psychoanalytischen Diskurs werden solche Reverien häufig mit sogenannten unrepräsentierten Zuständen in Verbindung gebracht. Diese Arbeit, die sich auf klinisches Material stützt, geht der Frage nach und macht – auf der Grundlage einer erweiterten Theorie der Interaktionsformen nach Lorenzer (1972)[2] und Zepf (1997)[3] – einen Vorschlag, wie solche Zustände metapsychologisch aufgefasst werden könnten. Freud (1894)[4] hatte von einer »energischen und erfolgreichen Art der Abwehr« gesprochen, »die darin besteht, dass das Ich die unerträgliche Vorstellung mitsamt ihrem Affekt verwirft und sich so benimmt, als ob die Vorstellung nie an das Ich herangetreten wäre«. Meinem Vorschlag zufolge zielt diese Art der Abwehr auf die Affekte des Subjekts als den basalen Strukturen des Psychischen, durch die an den jeweils traumatischen Brennpunkten des seelischen Geschehens der assoziative Verkehr des vorbewussten Denkens außer Kraft gesetzt wird. Im Moment der psychoanalytischen Reverie kommt es zu einer stellvertretenden Übernahme dieser verworfenen Denkprozesse: Sie treten an das Ich des Analytikers heran und bilden den Ausgangspunkt für das Weitersprechen am Rand des Unsagbaren.
Beginn | 30.09.2024 19:30 |
Ende | 30.09.2024 21:00 |
Anmeldeschluss | 27.09.2024 |
Beitrag | Frei |
Ort | online |
Philipp Soldt studierte Psychologie in Bremen und war tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes (S. Zepf) und an der Universität Bremen (E. Reinke) und wurde 2005 promoviert mit einer Arbeit über das »Denken in Bildern«. Er leitete ein DFG-Forschungsprojekt zur Psychoanalyse der ästhetischen Erfahrung. Weiterer wissenschaftlicher Schwerpunkte war und ist die psychoanalytische Konzeptforschung, z.B. zur Theorie der Affekte, zum Primär- und Sekundärprozess und zum Vorbewussten. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung 2010 ist er seit 2011 in eigener Praxis in Bremerhaven niedergelassen als Psychoanalytiker. Auswahl Publikationen: (2007). (Hrsg.). Ästhetische Erfahrungen. Neue Wege zur Psychoanalyse künstlerischer Prozesse. Gießen: Psychosozial. (2009). (hrsg. zusammen mit Karin Nitzschmann.). Arbeit der Bilder. Die Präsenz des Bildes im Dialog zwischen Psychoanalyse, Philosophie und Kunstwissenschaft. Gießen: Psychosozial. (2013). (hrsg. zusammen mit Karin Nitzschmann.). Sprach/Bilder. Zur Artikulation des »Unsagbaren« in Psychoanalyse, Literatur und Kunst. Gießen: Psychosozial. (2015). Spielarten der Wahrnehmung. Überlegungen zu medienspezifischen Formen ästhetischer Erfahrung. In: Leikert, Sebastian (Hrsg.). Zur Psychoanalyse ästhetischer Prozesse in Musik, Film und Malerei. Gießen: Psychosozial, S. 97-118. (2019). Die Wiederkehr des Urverdrängten. Das Unheimliche als Ereignis im psychoanalytischen/ästhetischen Feld. In: Bataller Bautista, Isabel et al (Hrsg.). Gegenwart des Unheimlichen – unheimliche Gegenwart. Klinische, ästhetische und gesellschaftliche Perspektiven 100 Jahre nach Freud. Gießen: Psychosozial, S. 51-71. (2024, im Druck). Vorbewusstes und vorbewusste seelische Prozesse. Hauptbeitrag in: Mertens, Wolfgang & Storck, Timo (Hrsg.). Vorbewusstes. Interdisziplinäres Psychoanalytisches Forum, Band 3. Gießen: Psychosozial.
(Foto: Privatbesitz)